Der Jupp muss wech oder die Emscherlandtransformation


Eine absurde Posse mit Musik und Gesang von Herbert Knorr

Das Projekt „Der Jupp muss wech“ ist ein Netzwerkprojekt der Kulturregion Hellweg unter Federführung von BEMPOSTA e. V. (Circus Travados), das sich zum Ziel gesetzt hat, die Uraufführung des gleichnamigen Stückes umzusetzen und das Stück in der Region und darüber hinaus bekannt zu machen – auch deshalb, weil die drängenden Themen des Stücks – Strukturwandel, Bergbautradition, Tranformation, soziale Folgen, Identitätsfragen -, die diese Region betreffen, kaum oder gar nicht auf den Spielplänen der Theater an Lippe, Emscher und Ruhr zu finden sind.

Kooperationspartner und Spielstätten des Netzwerkprojektes sind: Tagungs- und Kulturzentrum Bad Sassendorf (Hof Haulle), Gemeinde Bönen mit Turm Zeche Königsborn ¾ (Ostpol Ruhrgebiet), Stadt Gelsenkirchen (Kulturamt) und Consol Theater Gelsenkirchen, Stadt Hamm (mit Kurparktheater), Stadt Lünen mit Heinz-Hilpert-Theater, Kreis Unna, Kreisstadt Unna und Rohrmeisterei Schwerte. Förderer sind das LAND NRW (RKP-Mittel der Hellweg-Region), die Kulturstiftung des LWL sowie der RVR, Stadt Gelsenkirchen sowie Kreis und Kreistsadt Unna.

Die Premiere fand am 25. August 2023 im Circus Travados statt. Insgesamt sind derzeit /Stand) August 2023 8 bis 10 Aufführungen geplant.

Das Stück:
„Der Jupp muss weg“ – vom Regisseur Wolfram Lenssen inszeniert als COMMEDIA DELLA RUHR – ist eine skurrile, mitunter derbe Kostümkomödie mit gleich fünf Paaren aus drei Generationen sowie ein Verwirrspiel um falsche und richtige Identitäten in lebhaften Zeiten rasanter Transformationen – mit viel absurdem Nonsense, kurioser Gesellschaftskritik und vielleicht sogar tieferer Bedeutung? Die Inszenierung liefert jedenfalls einen unterhaltsamen Jux um Liebe, Mord und Totschlag. Aber Achtung, mitunter kann das Lachen auch im Halse stecken bleiben! Wer aber Sinn und Humor für Skurriles, Groteskes und Absurdes hat, ist beim Jupp richtig.

Das Publikum erwartet ein Kuriositätenkabinett, es kann staunen über bizarre Absurditäten oder Wunder nehmen über barbarische Herzlosigkeiten und rührseligste Rührseligkeiten. Es muss den Schrecken von Lebewesen aus längst vergangenen Zeiten ertragen, einer ganz speziellen Art der homo sapiens, auch Ruhris genannt, die nicht mehr wissen, wer sie sind und wo sie hingehören, exotische Geschöpfe, die verzweifelt ihr Glück suchen, so oder so. Die Posse spielt in der kuschligen Siedlung EMSCHERLAND und handelt vom ehemaligen Sicherheitssteiger Jupp, der sich als Taubenzüchter, Seilscheibenentroster und Kneipengänger nostalgisch seinem vergangenen Bergmannsleben eingerichtet hat. Und von seiner Frau Martha, die endlich alte Zeiten überwinden und sich zur post-post-modernen Frau wandeln und daher „trans“ gehen will. Deshalb möchte Martha ihre „Bergbaumumie“ Jupp, der zudem immer noch im Stehen pinkelt, über die Emscher schicken – und das am Tag ihrer Goldenen Hochzeit.

Als ihre beste Freundin und Nachbarin Emma von Marthas Mordplan erfährt, torpediert sie diesen und schickt sofort ihren Liebhaber, den potenzschwachen ehemaligen Stahlkocher Hans Wurst, in die Wüste, weil sie Karl, den sie schon ewig liebt, nun endlich für sich haben will. Doch so einfach ist das nicht, denn weitere Siedlungsbewohner, etwa Clanchef Roy, die Pizzabäcker-Tochter Chiara oder Marthas Großenkel Tommi haben eigene Interessen. Und dann taucht auch noch ein Dummer August auf, der Martha in die Psychiatrie einweisen will. Überlebt Jupp und wer kriegt wen? Finden Martha und Jupp ihr gemeinsames Glück wieder. Und was ist Glück überhaupt in sich ruhelos „transformierenden“ Zeiten? 

Der inszenatorische Rückgriff auf die Commedia dell`Arte wird insbesondere von den in der Posse angelegten, völlig überzeichneten Figuren bestimmt. Dadurch erhalten diese eine spannende, zusätzliche Färbung und Charakterisierung. Die besondere Kostümierung spielt für diesen Regieansatz ebenfalls eine wichtige Rolle. Anleihen bei diesem historischen Theatermodell wechseln zudem mit absurden Spielmitteln, um mitunter in die überzogenen Ausdruckformen des expressionistischen Theaters zu münden. Die geht für die für den Circus Travados in Szene gesetzte COMMEDIA DELLA RUHR jedoch nie verloren.

Die Posse bricht – obwohl der rote Faden der vordergründigen Handlung konsequent verfolgt wird – mit einem Mix aus Albernheiten, intellektuellen wie banalen Zitaten, politischen und sonstigen Säuen, musikalischen und circensischen Intermezzi des Öfteren jeden vernünftigen Maßstab. Dennoch oder gerade deshalb kann das von konfusen Versteckspielen, unsinnigen Verkleidungen oder verstörenden Spielbrüchen (vielleicht) verwirrte Publikum fröhlich nach Hause gehen.

 

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